Nuklearmedizin: Rohstoff Radionuklid

    Die moderne Medizin ist auf eine zuverlässige Versorgung mit Radionukliden angewiesen, die in der Diagnostik und Therapie eingesetzt werden. Welche Radionuklide gibt es für medizinische Anwendungen und wie werden sie hergestellt?

    (Bild: pixabay) Weltspitze: Nuklearforschung in der Schweiz

    Allein in der Schweiz erkranken gemäss Krebsliga jährlich 43ʼ500 Personen neu an Krebs. Viele von ihnen sind auf die Nuklearmedizin angewiesen, wo radioaktive Stoffe – sogenannte Radionuklide – wertvolle Dienste leisten.

    Beim Zerfallen geben Radionuklide überschüssige Energie als ionisierende Strahlung ab, welche in der diagnostischen Bildgebung und zur Behandlung von Krankheiten wie Krebs sowie zur Sterilisation medizinischer Geräte eingesetzt wird.

    Oftmals werden Radionuklide den Patientinnen und Patienten als radioaktives Medikament verabreicht, als sogenanntes Radiopharmakon oder Radiopharmazeutikum. Radionuklide werden überwiegend in Forschungsreaktoren und/oder mit einem Teilchenbeschleuniger (z.B. Zyklotron) hergestellt.

    Radionuklide in der Diagnostik
    Bildgebende Verfahren, die zur Diagnose von Krankheiten in der Nuklearmedizin eingesetzt werden, ermöglichen die Darstellung von Funktion, Durchblutung und Stoffwechsel von Organen. Die Schilddrüse, die Knochen, das Herz, die Leber und weitere Organe lassen sich gut abbilden, und man kann Funktionsstörungen feststellen und Tumore aufspüren. 

    Gebräuchliche Verfahren sind die Szintigraphie, die Single-Photon-Emissions-Computertomographie (SPECT) und die Positronen-Emissions-Tomographie (PET). SPECT und PET können mit der röntgenbasierten Computertomographie (CT) kombiniert werden.

    Diese Verfahren brauchen eine Strahlungsquelle, die innerhalb des zu untersuchenden Körpers positioniert wird. Sie lässt sich aus einem Radionuklid herstellen, das als radioaktiver Marker an ein Trägermolekül angedockt wird, um das radioaktive Arzneimittel zu erhalten, das verabreicht wird. 

    Dieses Radiopharmakon hat spezifische Eigenschaften, um bestimmte Zellen zu erkennen und in ihnen zu bleiben. Das Radiopharmakon kann beispielsweise durch eine Spritze verabreicht werden, wonach es sich in einem bestimmten Gewebe wie einem Tumor anreichert und dort zerfällt. Die von Radionukliden ausgesendete Strahlung wird ausserhalb des Körpers wieder aufgefangen und in Bildern vom Körperinneren umgewandelt.

    Radionuklide für die Behandlung
    Bei der Strahlentherapie oder auch Radiotherapie gibt es verschiedene Bestrahlungsmethoden, um Krebszellen gezielt mit ionisierender Strahlung abzutöten. Dies funktioniert, weil Krebszellen empfindlicher auf die Bestrahlung reagieren und sich schlechter regenerieren können als gesunde Zellen, die ebenfalls mitbestrahlt werden.

    In der Teletherapie wurden zur Bestrahlung eines Tumors von aussen durch die Haut viele Jahrzehnte lang Strahlentherapiegeräte eingesetzt, die den Gammastrahler Kobalt-60 (Co-60) enthielten. Inzwischen wurden viele davon durch präzisere und vielseitigere Linearbeschleuniger ersetzt, die hochenergetische Elektronen- und Röntgenstrahlen erzeugen. Bei der stereotaktischen Bestrahlung von Hirntumoren und Hirnmetastasen kommen auch heute noch kleine Co-60-Strahler als sogenanntes «Gamma Knife» zum Einsatz.

    Bei der Brachytherapie werden in die zu behandelnde Person Radionuklide über Hohlnadeln oder Schlauchsysteme eingebracht und in unmittelbarer Nähe des zu bestrahlenden Gewebes platziert oder in dieses implantiert. So erhält das kranke Gewebe eine grosse Strahlendosis und das weiter entfernt liegende, gesunde Gewebe kann geschont werden. Um eine hohe Strahlenbelastung des Personals zu vermeiden, geschieht das Einführen der Quelle nach Möglichkeit ferngesteuert (Nachladeverfahren).

    Bei der Radionuklidtherapie wird ein strahlendes Medikament in den Körper eingebracht. Über die Blutbahn wird dieses zum behandelnden Gewebe transportiert und reichert sich gezielt im Tumorgewebe an, wo es zerfällt und die Krebszellen lokal bestrahlt. Die Strahlenbelastung für gesundes Gewebe, das etwas weiter entfernt von der Strahlenquelle liegt, wird so stark reduziert.

    Das Universitätsspital Zürich setzt zum Beispiel das Radionuklid Jod-131 (I-131) zur Behandlung von Schilddrüsenkrebs mittels Radiojodtherapie ein: Nach dem Schlucken einer Kapsel mit radioaktivem I-131, löst sich diese im Magen auf. Das freigesetzte Jod gelangt über die Blutbahn in die Schilddrüse und zerfällt dort unter Emission von Betastrahlung.

    Anwendung und Forschung in der Schweiz
    Die Nuklearmedizin wird in der Schweiz sowohl in der Diagnostik als auch in der Behandlung angewendet. Doch mit dem Paul-Scherer-Institut PSI spielt das Land auch eine Rolle in ihrer Forschung und Entwicklung. Das PSI entwickelt Radiopharmazeutika für Forschungszwecke und klinische Versuche und stellt auch Radionuklide her.

    Henrique Schneider

    Vorheriger ArtikelIm geheimen Zentrum des Kernkraftwerks Beznau
    Nächster ArtikelAfrika braucht Unternehmer