Wie nachhaltig ist der Elektrohype?


    Kolumne


    Die Politik setzt voll auf die Elektro­mobilität. Aus liberaler und auch aus ökologischer Sicht ist diese Einbahnstrasse fragwürdig.

    (Bild: zVg) Dr. Adrian Schoop ist Unternehmer und FDP-Grossrat.

    Wo man auch hinschaut, bietet sich dasselbe Bild: Ob in der Schweiz, in ihren Nachbarstaaten oder in Brüssel – überall setzt die Politik beim motorisierten Verkehr auf den Elektroantrieb. Es gibt Förder­programme, Anreize, Prämien, steuerliche Entlastungen. Die Botschaft dahinter: In der Elektro­mobilität liegt das Heil. Fast gewinnt man manchmal den Eindruck, wer ein Elektroauto fahre, fühle sich als besserer Mensch. Der Tesla ist zum Symbol des grünen Gewissens derer geworden, die es sich leisten können.

    Doch die ketzerische Frage sei erlaubt: Wie nachhaltig ist dieser Elektrohype wirklich?

    Der Markt spielt
    Zunächst ist festzuhalten, dass der Trend zum batteriebetriebenen Auto in der Schweiz anhält und eine Zäsur stattgefunden hat: Im letzten Jahr war mit dem Tesla erstmals ein rein batteriebetriebenes Auto die Nummer 1 der meistverkauften Modelle.

    Das zeigt: Die Nachfrage ist da, der Markt spielt. Die Industrie hat ihre Hausaufgaben gemacht. Das heisst aber auch: Staatliche Eingriffe und Fördermassnahmen braucht es nicht (mehr).

    Linke Städte klemmen
    Allerdings gibt es durchaus ein Feld, auf dem ich mir ein stärkeres Engagement der öffentlichen Hand vorstellen könnte: Wenn es der Politik tatsächlich ernst ist mit der Förderung der Elektro­mobilität, dann müsste sie sich auch um die Infrastruktur kümmern. Das gilt besonders für die linken Städte wie Zürich, Basel oder Luzern, die Autos mit Verbrennungsmotoren aus ihrem Gebiet verbannen möchten. Wo aber, bitte schön, sind denn dort die elektrischen Ladestellen im öffentlichen Raum? Warum machen ausgerechnet die links-grünen Stadtregierungen hier nicht schneller vorwärts?

    Mein Verdacht: Sie wollen nicht nur die Autos mit Verbrennungsmotoren, sondern letztlich alle Autos – also auch die elektrischen – von ihren Strassen vertreiben. Darauf deuten beispielsweise ihre Pläne hin, die Parkplätze massiv zu reduzieren und flächen­deckend Tempo 30 oder gar Tempo 20 einzuführen.

    Ungelöste Probleme zeigen sich aber auch im privaten Rahmen. Wie wird das Laden in der Garage eines Mehrfamilienhauses oder in der Tiefgarage eines Wohnblocks funktionieren? Wird der Strom­bezug individuell pro Haushalt zu berechnen sein? Und was ist mit der Netzleistung – wird sie ausreichen?

    Wie grün ist ein Tesla?
    Schliesslich stellt sich auch die Frage, woher der Strom der Fahrzeuge überhaupt kommt. Die Schweiz hat bisher einen praktisch CO2-freien Strommix, da rund zwei Drittel davon aus der Wasserkraft kommen und ein Drittel aus der ebenfalls klimafreundlichen Kernenergie.

    Weltweit sieht es jedoch ganz anders aus. Dort stammt der Löwenanteil immer noch aus fossilen Quellen. Wenn ein Elektroauto keinen Auspuff hat, bedeutet das also noch lange nicht, dass es auch keinen CO2-Ausstoss verursacht. Sein Auspuff liegt dann einfach ein bisschen weiter weg, nämlich eben im Kraftwerk. Und wenn dieses etwa mit Kohle betrieben wird, dann stösst ein «grüner» Tesla indirekt eben auch sehr viel CO2 aus.

    Es gibt bessere Wegweiser als die Politiker
    Nur auf den batterieelektrischen Antrieb zu setzen, ist aber auch deshalb falsch, weil es neben dem Aspekt der Klimafreundlichkeit auch noch weitere Faktoren gibt, die darüber entscheiden, wie umweltfreundlich ein Verkehrsträger ist. Konkret: Auch die Herstellung der Batterien, ihre Langlebigkeit oder ihre Entsorgung müssen in eine Gesamtökobilanz einfliessen. Und da ist das Bild dann schon viel weniger klar.

    Fazit: Wir müssen davon wegkommen, einseitig auf eine bestimmte Technologie oder ein bestimmtes Antriebssystem zu setzen. Es gibt interessante Alternativen wie zum Beispiel Wasserstoff. Wissenschaft, Technik und Industrie machen enorme Fortschritte. Der menschliche Erfindungsgeist und die Kräfte des Marktes sind die besseren Wegweiser als wir Politiker.


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